21. Oktober 2024

Kinder und junge Erwachsene im Fokus der Ertrinkungsstatistik vom Jahr 2023

Die Schweizerische Lebensrettungs-Gesellschaft SLRG und die Beratungsstelle für Unfallverhütung (BFU) registrierten im Jahr 2023 insgesamt 59 tödliche Ertrinkungsunfälle. Damit fällt die Anzahl der tödlichen Ertrinkungsunfälle markant über dem langjährigen Durchschnitt von 47 Fällen pro Jahr aus. Insbesondere stechen die Altersgruppen der jungen Männer bis 32 Jahre sowie die Unfälle mit Kindern heraus.

Das Wichtigste in Kürze:

  • 59 Personen fielen im Jahr 2023 einem tödlichen Ertrinkungsunfall zum Opfer, davon waren 12 (~20%) weiblichen und 47 (~80%) männlichen Geschlechts. Damit liegt die Anzahl Opfer insgesamt um knapp 25 Prozent über dem langjährigen Mittel von 47 tödlichen Ertrinkungsopfern pro Jahr.
  • Seit 2007 wurden nie mehr so viele Kinder im Alter bis 16 Jahre Opfer von tödlichen Ertrinkungsunfällen wie im Jahr 2023. In vier der insgesamt sieben Fälle waren die Kinder unter zehn Jahre alt. Ein einjähriges Kind ertrank im heimischen Garten in einem Wassereimer, zwei im Freibad, drei in einem See und ein Kind im Fluss.
  • Die meisten tödlichen Ertrinkungsunfälle ereigneten sich mit 53 Fällen in offenen Gewässern, davon 30 (50% aller Fälle) in Seen und 24 (~40% aller Fälle) in Fliessgewässern. Darin eingeschlossen sind drei Tauchunfälle, welche sich allesamt in Seen zugetragen haben. In Schwimmbädern ereigneten sich vier tödliche Ertrinkungsunfälle, welche knapp sieben Prozent aller Fälle im 2023 ausmachen.
  • Ein langjähriger Trend bezüglich der Opferzahlen bei jungen Erwachsenen wird bestätigt. Insgesamt 17 Personen zwischen 16 und 32 Jahren verloren 2023 ihr Leben im Wasser. Hierbei handelte es sich ausschliesslich um junge Männer.
  • Wer sich an die Bade- und Flussregeln der Schweizerischen Lebensrettungs-Gesellschaft SLRG hält, kann das Risiko von Wasser- und Ertrinkungsunfällen auf ein Minimum reduzieren und somit den Badespass ohne tragische Folgen geniessen.

Nach den Rekordzahlen im Jahr 2022 ging die Anzahl tödlicher Ertrinkungsunfälle in der Schweiz letztes Jahr etwas zurück, lag jedoch mit 59 Fällen immer noch über dem langjährigen Mittel von 47 Fällen pro Jahr. Ganz überraschend sind die von der Schweizerischen Lebensrettungs-Gesellschaft SLRG und der Beratungsstelle für Unfallverhütung (BFU) erfassten Fälle nicht, da ein direkter Zusammenhang zwischen den vorherrschenden Temperaturen sowie Sonnenstunden und der Anzahl tödlicher Ertrinkungsunfälle beobachtet werden kann. Gemäss MeteoSchweiz wurde 2023 mit einem sehr sonnigen Juni der fünftwärmste Sommer seit Messbeginn 1864 aufgezeichnet. Dadurch wurden vergleichsweise früh schon viele Menschen an, in und aufs Wasser gelockt. Jedoch wurde der Sommer zwischenzeitlich von Unwettern im August beeinträchtigt, was sicherlich dazu beigetragen hat, dass die tödlichen Ertrinkungsunfälle nicht noch höher ausgefallen sind. Während die Gesamtanzahl der Todesopfer knapp 25 Prozent über dem langjährigen Mittel relativ hoch ausfiel, bestätigte sich einmal mehr die Verteilung der Geschlechter. Wie schon in den Vorjahren manifestiert, waren in 80 Prozent der Fälle Männer betroffen. Insgesamt ertranken 47 Männer und 12 Frauen tödlich.

Auffallend, jedoch im Hinblick auf die langjährigen Aufzeichnungen der SLRG nicht überraschend, machten die männlichen Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Alter zwischen 16 und 32 Jahren mit 17 Fällen knapp 30 Prozent der verzeichneten Todesfälle aus. In diesem Alterssegment wurden 2023 keine weiblichen Todesopfer registriert.

Hinsichtlich der Unfallorte bestätigten sich die Zahlen aus den Vorjahren ebenfalls. Der Grossteil der tödlichen Ertrinkungsunfälle ereignete sich in offenen Gewässern. Die 30 registrierten Todesfälle in Seen machen die Hälfte aller Fälle aus, in Flüssen ertranken mit 24 Personen gut 40 Prozent. Die Anzahl Tauchunfälle von drei Männern im Alter von 31, 46 und 48 Jahren, alle drei in einem See verortet, bewegt sich im gleichen Rahmen wie im Vorjahr. Die tödlichen Ertrinkungsunfälle in Schwimmbädern liegen mit vier Fällen auf gleichem Niveau wie letztes Mal 2013 und etwas höher als im Vorjahr mit drei Fällen. Bei den tödlichen Ertrinkungsunfällen in Schwimmbädern handelte es sich 2023 um zwei Männer im Alter von 36 und 71 Jahren sowie zwei Kinder im Alter von drei und fünf Jahren. Ob bei den erwachsenen Männern allenfalls ein medizinisches Problem die Ursache war, ist nicht bekannt.

Fast doppelt so viele tödliche Unfälle bei Kindern

Insgesamt wurden 2023 sieben Kinder (bis 16 Jahre) Opfer eines tödlichen Ertrinkungsunfalls, so viele wie seit 2007 nicht mehr. Vier der Opfer waren jünger als zehn Jahre. Dreimal ereignete sich der Unfall im See, zweimal in einem Freibad sowie einmal in einem Fluss. Besonders tragisch ist der Fall eines einjährigen Kindes, welches im heimischen Garten aus ungeklärten Gründen in einen vollen Wassereimer gefallen und tödlich ertrunken ist. Vor diesem Hintergrund verstärkte die SLRG ihre präventiven Bestrebungen im Jahr 2024 im Bereich der Kinder, verwies mit Nachdruck auf die Baderegel Nummer 1: «Kinder nur begleitet ans Wasser lassen – kleine Kinder in Griffnähe beaufsichtigen!» und publizierte in Kinder- sowie Familienmagazinen entsprechende Beiträge. 

Die Befürchtung, dass aufgrund der Zahlen aus dem Jahr 2022 vermehrt Senioren über 65 ein erhöhtes Ertrinkungsrisiko aufweisen würden, konnte 2023 nicht bestätigt werden. Während im Vorjahr noch 26 Personen über dem Pensionsalter tödlich ertranken, waren es letztes Jahr 12 Fälle. Allgemein kann festgehalten werden, dass Männer, vor allem junge Männer, das Ertrinkungsgeschehen in der Schweiz dominieren. Bei den Frauen sind bis ins Alter von 50 Jahren nur drei tödliche Unfälle verzeichnet, darüber wurden acht Fälle bis ins Alter von 80 Jahren erfasst, bei den Männern im gleichen Alterssegment waren es deren 14.

Falsche Risiko- und Leistungseinschätzung

Während in jüngeren Jahren das geschlechterunterschiedliche Risikoverhalten und ein Überschätzen der eigenen Fähigkeiten plausible Gründe für die erhöhte Anzahl Fälle auf männlicher Seite darstellen, sind die Ursachen bei den über 50-Jährigen aufgrund der fehlenden Datenlage noch nicht geklärt. Allenfalls spielen in dieser Alterskategorie vermehrt auch medizinische Probleme und ein gleichzeitiges Überschätzen der körperlichen Leistungsfähigkeit eine Rolle. In drei Fällen sind Personen (zwei im Alter von 53 und eine mit 61 Jahren) mutmasslich ihren Hunden ins Wasser nachgesprungen, um diese zu retten. Bei diesem Vorhaben ertranken sie tödlich. Jedes Jahr werden solche Fälle verzeichnet, bei welchen die Hundebesitzer:innen ihre Vierbeiner retten wollen und dabei ums Leben kommen. Dabei retten sich die Hunde meist selbständig ans Ufer und überleben.

Aufgrund der vorliegenden Informationen über die in die einzelnen Ertrinkungsunfälle involvierten Personen kann die Herkunft der Todesopfer nicht repräsentativ aufgeschlüsselt werden.

Die SLRG versucht seit Jahren mittels verschiedener Massnahmen, die Zahl der Ertrinkungstoten zu senken. Jedes Jahr werden in Zusammenarbeit mit unserem Partner Visana mehr als 100 neue Bade- und Flussregeltafeln der Schweizerischen Lebensrettungs-Gesellschaft SLRG in Schwimmbädern, an Flüssen und Seen sowie an gut frequentierten Bade- und Einstiegstellen aufgestellt. Zudem werden in Zusammenarbeit mit der Beratungsstelle für Unfallverhütung (BFU) vielschichtige Anstrengungen im präventiven Bereich unternommen, um die Anzahl tödlicher Ertrinkungsunfälle zu senken. Mit diesen Aktionen werden die Menschen daran erinnert, dass die Gefahren im Wasser nicht unterschätzt werden dürfen. Denn anhand der vorliegenden Informationen wird vermutet, dass viele der tödlichen Ertrinkungsunfälle vermieden werden könnten, würden sich die Menschen an die jeweils sechs Bade- und Flussregeln der SLRG halten. Ergänzend zu den Regeln gilt es: Sich nur ins Wasser begeben, wenn man sich hundertprozentig wohl und fit fühlt. Gleichzeitig kann es nicht schaden, den gesunden Menschenverstand immer wieder zu Rate zu ziehen und entsprechend zu handeln. Wer vor dem ins Wasser gehen sich und die Gefahren des Wassers richtig einschätzt sowie sich die Bade- und Flussregeln der SLRG zu Herzen nimmt, senkt das Risiko zu ertrinken. Die Bade- und Flussregeln sind auf der Webseite der SLRG in 14 Sprachen zu finden.